Der Modifier ist Geschichte – ist die Nutzung des Broad Match tabu? Kann man die Reichweite des Broad Matches ohne gewaltigen Streuverlust nutzen oder bleiben uns nur noch der Phrase oder Exact Match als Keyword-Optionen im SEA übrig?
Unsere Fallstudie ist folgendermaßen gegliedert:
Ausgangssituation: Was ist geschehen, was ist passiert?
Zusammenhang: Was bedeutet die Abschaffung des Broad Match Modifiers speziell für unseren Case?
Lösung: Welche Lösungsansätze haben wir uns überlegt?
Ergebnis: Zu welchen Ergebnissen führte uns unser Lösungsansatz?
FAQ: Mehr Tipps zur Handhabung des Wegfalls des Broad Match Modifiers
Fazit: Unsere Schlussfolgerung
Hintergrund
Im Februar 2021 kündigte Google an, den Broad Match Modifier, kurz BMM, als Keyword-Option abzuschaffen und Schlüsselfunktionen des Match Types in die Phrase Match Keyword-Option zu integrieren.
Mittelfristig stehen somit nur noch die Match Types “Exact“, “Phrase“ und “Broad“ zur Verfügung. Für uns als Account Manager waren diese Big News mit bemerkenswerten Auswirkungen verbunden, da der veränderte Mechanismus bedeutete, dem zukünftigen Kampagnenaufbau mit einer neuen Arbeitsweise zu begegnen.

Formulieren wir zuerst die Qualitäten, die beide Keyword-Match Types vor der Bekanntgabe mit sich brachten und in welcher Form sich die aktuelle Änderung bemerkbar macht. Drehen wir die Zeit eine Dekade zurück:
Im Jahr 2010 eingeführt, etablierte sich der Broad Match Modifier unbeabsichtigt zum Branchenstandard in der bezahlten Suche. Zu dem Zeitpunkt galt für Werbetreibende einvernehmlich der Konsens, die Keyword-Option “weitgehend passend”, das deutsche Pendant zum Begriff Broad Match, zwecks unzuverlässiger Targeting-Ergebnisse überwiegend zu meiden. Die Verwendung des Match Types führte nämlich zu erheblichen Streuverlusten, bei denen die eigentliche Intention des Keywords verloren ging und willkürliche Zusammenhänge mit fälschlicherweise passenden Suchanfragen hergestellt wurden. Um dem entgegenzuwirken, bot Google das Hinzufügen eines “+” vor dem Keyword an, um eine verbesserte Trennschärfe zwischen unpassenden und passenden Begriffen zu gewährleisten.
So konnte beispielsweise das Keyword “+köln +café” für Suchanfragen geeignet sein, die auf der Suche nach gemütlichen Etablissements zum Kaffeetrinken in der Stadt Köln sind. Zugleich wurde verhindert, dass der Ausdruck “café” auf verwandte Begriffe wie Restaurant oder Bar passt, was beim reinen Broad Match der Fall gewesen wäre.

Schließlich entdeckten damalige Performance Marketeers eine bisher versteckte Eigenart in der Verwendung des Modifiers. Denn beim Einsatz des “+” vor jedem Wort der Short oder Long Tail Keywords konnte eine noch leistungsfähigere Funktion der Keyword-Option aufgedeckt werden. Dadurch war es nicht mehr nötig, eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten, wie es die Phrase-Match-Option, auf Deutsch “Wortgruppe”, voraussetzte.
Springen wir zurück zur Google-Ankündigung und der Änderung beziehungsweise Vermischung des Broad Match Modifiers mit dem Phrase Match. Bei diesem Match Type musste man bei der Einbuchung von Keywords wie “neue Filme” Suchanfragen erwarten, die genau diese Wortfolge innehatten. Möglich waren Paarungen mit Suchanfragen wie: “neue Filme im Kino schauen” oder “neue Filme streamen”. Seit der Änderung im Februar 2021 löst dasselbe Keyword nun auch Suchbegriffe wie “wann kann man wieder Filme im Kino schauen” oder “Filme in der Mediathek” aus. Damit soll eine Alternative zu den Qualitäten des Modifier “+” gegeben worden sein. Seit Juli 2021 ist schließlich auch die Einbuchung von neuen BMM-Keywords von Google nicht mehr erlaubt.
Problematik
Anhand eines konkreten Praxisbeispiels veranschaulichen wir den plötzlichen Verlust an Traffic nach der Umstellung vom Broad Match Modifier auf den Phrase Match und präsentieren die zugehörige Lösung des Problems durch Nutzung des vermeintlich verpönten Broad Matches.
Das Kundenunternehmen in dieser Fallstudie ist ein gut situiertes Unternehmen in der Immobilienbranche. netspirits konnte über den Zeitraum von knapp einem Jahr mithilfe eines branchenüblichen, mittelmäßigen Budgets für den Kampagnentyp “Suche” konstanten Traffic schaffen, welcher zuverlässig monatliche harte Conversions abwarf. Mit unserer Hilfe und der Verwendung einer neuen Methodik, konnten wir die Conversion-Rate der monatlichen Leads steigern, die Relevanz für Suchende um ein Vielfaches erhöhen und zugleich den verloren geglaubten Broad Match wieder brauchbar machen.

Für die Strategie, in der es in dieser Case Study geht, haben wir für auf bestimmte Stadtteile granular ausgesteuerte Kampagnen ein solches Phänomen beobachtet. In der Analyse des Rückgangs haben wir unter anderem den möglichen Auftritt von neuen Wettbewerbern in Verbindung mit dem Anteil an Sichtbarkeit im Suchnetzwerk untersucht und stießen in den Auktionsdaten verblüffenderweise auf genau das Gegenteil. Zu unserer Überraschung verschwanden Konkurrenten im Vergleich zum vorherigen Zeitraum komplett aus dem Wettbewerb. Der Rückgang des Suchvolumens ließ sich nun noch schwieriger erklären.
Vor dem Traffic-Abfall

Während der Umstellung

Lösungsansatz
Ausrichtungsoptionen in der Suchmaschinenwerbung sind unerlässlich, um Nutzenden intentional in Erscheinung zu treten. Pro Kampagnentyp unterscheiden sich die Methoden, um mit den Nutzenden in Verbindung zu treten. Bei Suchkampagnen bedient man sich – mit Außnahme von dynamischen Anzeigengruppen – lediglich dem Einsatz von Keywords. Den generierten Traffic gilt es anschließend, mit Zielgruppen genauer zu analysieren, indem man zusätzliche Merkmale im Targeting zur Beobachtung hinterlegt und Kriterien, die mit den jeweiligen Klicks korrelieren, untersucht. Anders als bei Push-Marketing-Kanälen, welche Zielgruppen ausschließlich zur Reichweitenbeschränkung auf ausgewählte Gruppen der Kampagne nutzen, werden Zielgruppen für gewöhnlich in der Suche lediglich zur Beobachtung der Anzeigenleistung beziehungsweise der Vergabe von Gebotsanpassungen verwendet. In der schnelllebigen Branche des Online-Marketings sollten veränderten Gegebenheiten stets adaptive Haltungen folgen – wenn sich also durch Googles Ankündigungen unsere Arbeitsweise abwandelt – ist der bisherige Workflow nicht mehr in Stein gemeißelt.
Der Ansatz, dem wir in dieser Fallstudie nun gefolgt sind, ist die Wiederaufnahme des Broad Matches in Verbindung mit kuratierten, auf Ausrichtung eingestellten Zielgruppen.

Die Zielgruppen sollen bei dem Targeting, also dem großen Traffic-Umfang, den uns der Broad Match liefert, als Filter dienen, um die besagte Reichweite nur auf das für uns relevanteste Klientel zu beschränken.

Der Schlüssel in der Implementierung dieser Strategie ist die genaue Auswahl der Zielgruppen und Keywords. Da wir in der Ausgangssituation bereits erläutert haben, dass durch den Broad Match erhebliche Streuverluste entstehen können, ist es obligatorisch, nicht zu viele Kriterien als Ausrichtungswerkzeuge zu nutzen, damit der Algorithmus die Auslieferung so gut es geht auf die gewünschte Suchintention anpasst. Demnach haben wir die bereits granulare Anzeigengruppenstruktur von einem Phrase Match Keyword pro Anzeigengruppe auf ebenfalls einem Broad Match Keyword pro Anzeigengruppe umgemünzt. Für das Keyword verwendeten wir die Stadt + den Stadtteilnamen zum Beispiel “Dresden Innere Altstadt” als weitgehend passende Variante. Nachdem wir die Strategie implementiert und aktiviert hatten, dauerte es nur eine kurze Weile, bis sich die ersten Ergebnisse in Veränderungen der KPIs zeigten.
Ergebnis
Aufgrund der eingelaufenen Daten, die mithilfe der kombinierten Ausrichtungsstrategie ermittelt werden konnten, hat sich ein deutliches Enhancement der Zielgruppenrelevanz anhand Klickratensteigerung zu erkennen gegeben. Nach der Umstellung auf den Broad Match sind also nicht nur die fehlenden Klicks zurückgekehrt, sondern es hat zusätzlich eine Verschiebung der Relevanz stattgefunden.

Trotz des überschaubaren Einsatzes von Zielgruppenkriterien ist die Pflege der Suchanfragenberichte unentbehrlich gewesen, um den Algorithmus in die richtige Bahn zu lenken und der Strategie den letzten Schliff zu verleihen.

Es bot sich an, eine dafür vorgesehene Masterliste mit grundlegenden auszuschließenden Keywords anzulegen.
Auch wenn es erst der Anfang einer erweiterten Nutzung dieser Ausrichtungskombination ist, lassen uns die Ergebnisse weit blicken und in Zukunft ebenfalls für andere Bereiche auf ähnlich positive Erfahrungen hoffen lassen.
Fragen & Antworten
Kann diese Strategie auf andere Branchen umgemünzt werden?
Es ist durchaus möglich, dieses Targeting auch auf andere Branchen anzuwenden. Die Immobilienbranche hatte sich für diese Fallstudie angeboten, da man anhand der ähnlich aufgebauten Kampagnenstrukturen mittels Stadt + Stadtteil-Keywords gute Vergleiche ziehen konnte. Zu beachten gilt es, bei wirklich erklärungsbedürftigen Dienstleistungen und Produkten nicht zu allgemeine Keywords weitgehend passend einzubuchen, da die gewisse Trennschärfe von relevantem und irrelevantem Traffic beim Start der Strategie fehlt und erst mit viel Suchberichthygiene zufriedenstellende Ergebnisse möglich sind.
Auch könnte diese Verfahrensweise im Grants-Programm von Google eine solide Verwendung finden. Die Ausrichtungskombination aus Zielgruppenfilterung und Broad Match Keyword wäre beispielsweise für gemeinnützige Organisationen die ideale Möglichkeit, um die Reichweitendiskrepanz zu überbrücken, die unserer Erfahrung nach zwischen den Paid- und Grants-Konten besteht.
Auf welche KPIs hat sich die Strategie ausgewirkt?
Nach unserer Auswertung hat sich die Änderung auf mehrere Bereiche ausgewirkt, jedoch am meisten bemerkbar war die Steigerung der Anzeigeneffektivität. Die erhöhte Klickrate war ein Indiz dafür, dass die Nutzer:innen die Anzeigen als nützlich und relevant einstuften. Außerdem fließt die Klickrate auch in die voraussichtliche Klickrate des Keywords ein, die federführender Bestandteil des Anzeigenrangs ist.











Worauf ist zu achten, damit die Strategie nicht mehr Kosten verursacht?
Während die Einrichtungsschritte recht einfach erscheinen, gibt es dennoch ein paar Kniffe, die du beachten solltest, um sicherzustellen, dass du mit dieser neuen Strategie Erfolg hast. Hier sind ein paar Tipps, damit diese Strategie für dich funktioniert:
Überprüfe die Gebote: Es ist eine gute Idee, wenn du manuell arbeitest und deine maximalen CPC-Gebote zunächst etwas senkst, um auf Nummer sicher zu gehen, während du in der Anfangsphase dieser Strategie Daten sammelst.
Auch hier kann es sein, dass du auf mehr Suchanfragen triffst, die zwar die Qualität der als Filter fungierenden Zielgruppen beibehalten, aber zu Suchanfragen führen könnten, die etwas mehr Klickkosten verursachen als das, was du bisher gewohnt warst.
Wenn die Kampagne automatisiert ist, musst du dir ohnehin keine Sorgen machen – die automatische Gebotsstrategie weiß nämlich, wann sie je nach Relevanz der Suchanfrage eher niedrigere oder höhere Gebote abgibt.
Dennoch ist es eine gute Idee, deine automatische Gebotsstrategie zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie mit deinen Zielen übereinstimmt. Das heißt, wenn du ein Gebotslimit für maximale Klicks (oder ein Ziel für maximale Conversions, Ziel-CPA oder Ziel-ROAS) festlegen musst, dann solltest du auch dieses Ziel etwas niedriger ansetzen, um die Kosten zu Beginn der Strategie im Rahmen zu halten.
Überprüfe deine negativen Keywords: Füge bei Bedarf weitere negative Keywords hinzu. Die Ausschlüsse sorgen dafür, dass du etwas mehr Kontrolle besitzt, um zu entscheiden, für welche Suchanfragen deine Anzeigen geschaltet werden.
Denke an mögliche Wörter, die durchrutschen könnten und die du definitiv nicht in deinen Suchanfragenberichten sehen willst. Füge diese als weitere Sicherheitsmaßnahme den auszuschließenden Keywords hinzu, bevor du mit dieser Strategie beginnst.
Überprüfe dein Kampagnen-Set-up: Gibt es noch andere Einschränkungen, die du vorher gesetzt hast, wie zum Beispiel demografische Ausschlüsse oder Werbezeitpläne, von denen du denkst, dass sie diese Strategie ineffektiv machen könnten? Oder sind deine Standort-Targeting- und Netzwerkeinstellungen etwas zu locker, sodass diese Strategie ein wenig zu effektiv ist und ihren Grad an Möglichkeiten übersteigt? Achte auch auf Gebotsanpassungen, die auf unterschiedlichen Ebenen (zum Beispiel Geräte) getätigt worden sein könnten. Nimm dir Zeit und gehe jeden Bereich im Detail durch.
Immer wenn du zu einer neuen Strategie wechselst, könnte alles, was vorher festgelegt wurde, als Schlupfloch und Kostenfaktor fungieren. Nimm dir also ein paar zusätzliche Minuten Zeit, um zu überprüfen, ob die Kampagne so eingestellt ist, wie du es bei der Ausführung dieser Strategie mit größerer Reichweite bevorzugst.
Fazit
Wenn du das Gefühl hast, alles ausprobiert zu haben und die Kampagnen immer noch nicht so funktionieren, wie du es gerne hättest, dann ist es an der Zeit etwas Neues zu wagen, das sich vielleicht ein bisschen riskant oder tabu anfühlt, aber ungemein lohnend sein kann.
Dies ist eine gute Strategie, um Nutzer:innen zu erreichen, ohne deine Kampagnen über die beiden restriktiveren Exact oder Phrase Match Types einzuschränken. Und das Schöne daran ist: Die Einrichtung nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, und wenn du es für nötig erachtest, kannst du jederzeit ohne große Datenprobleme zurückschalten! Die Einstellung dient als super Workaround und Ersatz für den Broad Match Modifier.
Viel Spaß beim Ausprobieren!